Sun Cunzhou
Meister Sun Cunzhou, geboren 1893 war der zweite Sohn von Meister Sun Lutang und begann im frühen Alter von 6 Jahren mit seinem Vater zu trainieren.
Er verfügte über ein großes Talent und nahm schon im Alter von 17 Jahren viele Herausforderungen an, in denen er stets erfolgreich war. Im Alter von circa 19 Jahren ging er auf Reisen um sich in den Kampfkünsten weiterzubilden.
Im Jahre 1924 verlor er bei einem Unfall sein linkes Auge, was ihn anspornte noch härter an seinen Fähigkeiten zu arbeiten. Er verbrachte sein ganzes Leben damit seine Fertigkeiten in der Kampfkunst zu perfektionieren. Er war immer bemüht von jedem Stil zu lernen. Wenn er eine bestimmte Fähigkeit die jemand anderer demonstrierte sah, konnte er sich diese Fähigkeit schnell zu eigen machen.
Er bediente sich bei seinem Training auch der wissenschaftlichen Forschung und moderner Trainingsmethoden. Wie sein Vater propagierte er die Einheit von Kampfkunst und Daoismus.
In the 1930er Jahren soll Wu Yihui, ein großer Meister des Liu He Ba Fa gesagt haben: “Ich glaube Sun ist unbesiegbar, niemand kann ihn schlagen”.
Wegen ungünstiger Umstände, hörte er 1949 mit dem offiziellen unterrichten auf. In seinem weiteren Leben soll er nur noch zwei weitere Schüler angenommen haben.
Meister Sun Cunzhou verstarb im Jahre 1963.
Sun Cunzhou (1893-1963) – (aus Wuhun – Die Seele der Kampfkunst)
Von Tong Xudong, übersetzt von Stefan Gätzner
Die Bedeutung des Beitrags von Sun Cunzhou [dem zweiten Sohn von Sun Lutang, siehe Teil 1, Wuhun Nr. 212] zur Kampfkunstlehre zeigt sich darin, dass er auf seiner hohen Bildung, seinem herausragendem Wissen und seinen profunden Kenntnissen im Bereich der Kampfkunstlehre sowie seinen umfangreichen praktischen Aktivitäten aufbauend sich in einer Phase des Zeitenwandels und des Konflikts der Kulturen auch an moderner wissenschaftlicher Forschung und modernen Unterrichtsmethoden orientierte und so den damaligen Zeitgeist in das daoistische System der Kampfkunstlehre einfließen lies.
Dabei hielt er gleichzeitig an dem Gedanken der Einheit von Kampfkunst und Daoismus und damit an der Quintessenz des daoistischen Systems der Kampfkunstlehre fest. In Bezug auf die Lösung des Problems, wie man das daoistische System der Kampfkunstlehre, das auf der traditionellen chinesischen Philosophie aufbaut, mit moderner Wissenschaft verknüpft, hat er grundlegende Arbeit geleitstet. Seine Leistung zeigt sich in den folgenden drei Bereichen:
1. Aus der daoistischen Kampfkunstlehre destillierte er die geistige Einstellung im chinesischen Wushu. Er stellte heraus, dass das Training des Wushu in erster Linie darin besteht, den Geist des chinesischen Wushu heranzubilden. Bei dieser geistigen Einstellung geht es darum, unerschütterlich zu sein, gelassen die Mitte zu finden, auf dem Weg vorwärts durchzuhalten und die inneren Zusammenhänge zu erfassen. Er war der Auffassung, dass der Zweck der körperlichen Trainings mit Hilfe des Wushu darin besteht, die Lebensqualität zu erhöhen und geistige Eigenschaften des Menschen wie Selbstvertrauen und Durchhaltewillen auszubilden. Darüber hinaus war [seiner Meinung nach] die Erziehung zu einer Haltung und Fähigkeit, „über die Gelehrsamkeit zu verfügen das kaiserliche Staatsexamen bestehen zu können und über das Kampfgeist zu verfügen, sich auf dem Schlachtfeld zu opfern“, hilfreich für die Entwicklung des Nationalstolzes.
2. Er übernahm in all ihren Aspekten die Idee von Sun Lutang der „Einheit von Kampfkunst und Daoismus“. Er baute ein im höchsten Maße praxisorientiertes System der Kampfkunstlehre mit fünf herausragenden Merkmalen auf: Natürlichkeit, Einfachheit und Klarheit, Rundheit und Verbundenheit, Anwendbarkeit sowie das Halten von Maß und Mitte. Genauer gesagt handelt es sich dabei um die Idee der Natürlichkeit beim Üben der Kampfkunst; eine Lernmethode, die durch Einfachheit und Klarheit gekennzeichnet ist; eine technische Struktur, deren Charakteristikum runde und verbundene Bewegungen sind; eine Trainingsmethodik, die die praktische Wirkung in den Vordergrund stellt; eine bestimmte Wertvorstellung, die sich durch das Halten von Maß und Mitte auszeichnet sowie um den Leitgedanken der Kampfkunstlehre, durch eine integrierte Kunst bestehend aus Gelehrsamkeit und kämpferischen Geschick Körper und Geist zu formen.
3. Er verband das daoistische System der Kampfkunstlehre mit den Methoden der modernen Wissenschaft. Basierend auf Kontinuität in der technischen Vorgaben der daoistischen Kampfkunstlehre strukturierte er die drei Elemente Technik, Lehre, Wirkung [mit jeweils drei zugeordneten Elementen] zu einem „3×3“-Format.
Es handelt sich dabei um ein kreatives System, bei dem die Techniken aufeinander aufbauen. Es besteht aus drei geschlossenen Kreisläufen, zusammengesetzt aus jeweils drei großen Segmenten, auf der Ebene der Technik, der Lehre und der Wirkung:
1. Der geschlossene Kreislauf der Technik bestehend aus den drei Segmenten Forschung, Lehre und Kampfpraxis – die Anforderung liegt hierbei darauf, dass die Inhalte der drei Segmente Forschung, Lehre und Kampfpraxis ineinander greifen und eine Einheit bilden.
2. Der geschlossene Kreislauf des Trainings bestehend aus den drei Segmenten Qualität, Intensität und Regeneration – in der Beziehung zwischen hoher Intensität, hoher Qualität und vollständiger Regeneration liegt die Betonung auf der hohen Intensität, wobei aber die hohe Qualität und die vollständige Regeneration die Vorbedingung hierfür darstellen.
3. Der geschlossene Kreislauf der Wirkung bestehend aus den drei Segmenten Reaktion auf Reiz, Kraft und Schlagtechniken – die Anforderung besteht in der Einheit von Reaktion, Kraft und Schlagtechniken und darin, dass diese drei Segmente sich in einem Sekundenbruchteil in Form einer Kampftechnik manifestieren.
Während er das Werk seines Vorgängers mit Hartnäckigkeit bewahrte, passte sich Sun Cunzhou gleichzeitig in einer Periode des Zeitenwandels und des Konflikts der Kulturen der damals aktuellen Entwicklung an, um unbeirrt etwas Neues zu schaffen. Damit führte er das Begonnene fort und leistete Herausragendes in der Kampfkunstlehre. Er übernahm und entwickelte Konzepte und Methoden der daoistischen Kampfkunstlehre in den Bereichen Verbreitung, Lehre, Training und Praxis. Mit Recht kann man Sun Cunzhou als einen der herausragendsten Kampfkünstler des 20. Jahrhunderts bezeichnen.