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Ein Interview mit Eric Lee

Mein Sun Taijiquan und LHBF Lehrer Eric Lee

Mein Sun Taijiquan und LHBF Lehrer Eric Lee

Mein Lehrer Eric Lee ist einer der Gründer der “International Sun Tai Chi (IST) Association”, die im Jahre 2000 gegründet wurde um den Sun Familien Stil, wie er von Meisterin Sun Shurong unterrichtet wurde zu verbreiten und zu erhalten.

Eric Lee vertrat während seiner Zeit an der Universität Aachen die International Sun Tai Chi Association in Europa.

Er  arbeitete am Lehrstuhl für Medieninformatik an der RWTH in Aachen und unterrichtete dort das Sun Taijiquan in seiner Freizeit.

Eric arbeitet nun in den USA für Apple.

Ich habe von Eric Lee das traditionelle Sun Taijiquan wie es von Sun Shurong (1918-2005) gelehrt wurde und das Liu He Ba Fa, auch als Wasserboxen bekannt, erlernt.

Das Gespräch wurde im Februar 2007 geführt.

Karl-Heinz: Wie kam es zur Gründung der “International Sun Tai Chi Association”?

Eric Lee: Unsere Lehrerin war Meisterin Sun Shurong (Video). Es war immer ihr Traum, die Lehren ihres Grossvaters Sun Lutang und ihres Vaters Sun Cunzhou zu verbreiten. Ausser uns drei (Jacques, Thomas und mir) hatte sie nur sehr wenige Studenten ausserhalb Chinas und keine ausserhalb des Asien Pazifik Raumes. Darum fühlten wir uns verantwortlich, ihren Traum zu erfüllen und den traditionellen Sun Familien Stil ausserhalb Chinas zu verbreiten.

Karl-Heinz: War das Training in China unter Sun Shurong rein technischer Natur, oder gab es auch Qi Gong Übungen als Bestandteil des Trainings?

Eric Lee: Das Training unter Meisterin Sun war hauptsächlich technischer Natur. Sie erwähnte aber Qi hin uns wieder während des Unterrichts. Zum Beispiel hat sie mich einmal während des Unterrichts bei einer Bewegung korrigiert und sagte, dass ich die Schulter nicht heben sollte, denn wenn ich die Schultern hebe würde auch das Qi aufsteigen.

Sun Shurong San ti shi Zum Training gehörte auch die Stehübung – “San Ti Shi”. Zusätzlich zum Training von Struktur und Basis bezeichnete sie diese Übung auch als eine Methode der Chi Kultivierung und wenn man oft genug übt, sollte man fühlen wie sich Qi in den Handflächen sammelt. Wie auch immer, die Kultivierung von Qi ist nur ein Aspekt und nicht der Hauptgrund für die Stehübungen

Karl-Heinz: Wie war das Training aufgebaut? Gab es Aufwärmübungen oder andere Vorbereitungen?

Eric Lee: Sie lehrte uns keine Aufwärmübungen und nutze im Training auch keine. Einmal sagte sie, wir könnten das Sun Taijiquan zum Aufwärmen und zur Erholung zwischen den anstrengenderen Xing Yi Übungen nutzen. Weil Taijiquan auch viele gesundheitliche Vorteile hat, empfahl sie, dass wir das Training mit Taijiquan zum Aufwärmen beginnen sollen um dann zum Beispiel mit dem Xing Yi fortzufahren. Wenn wir dann eine Pause vom Xing Yi benötigten, könnten wir mit dem Sun Taijiquan weitermachen, weil es nicht so anstrengend ist.

Karl-Heinz: Wie lange dauerte eine typische Trainingseinheit?

Eric Lee: Da Meisterin Sun wusste das wir aus dem Ausland kamen, hat sie sich unserem Zeitplan angepasst. Wenn wir zum Training bei ihr waren, unterrichtete sie uns täglich 2-3 Stunden jeden Tag von 9 Uhr bis mittags. An den Nachmittagen gingen Jack und ich in den Park und wir üben und vertieften das, was wir am morgen gelernt hatten. Am nächsten morgen korrigierte sie uns und wir lernten dann etwas Neues.

Von Thomas, der für 6 Jahre in Peking lebte und mit Meisterin Sun trainierte: “Mein Training mit ihr bestand erst aus privatem Unterricht für eine Stunde Sonntags. In den ersten paar Jahren waren wir sehr “steif” und fast niemand sonst nahm am Unterricht teil. Später war es ausgereifter und die Trainingseinheiten dauerten den ganzen morgen. Ich übte selbst und dann half ich beim Unterricht und der Korrektur der anderen Schüler. Häufig gingen wir nach dem Training essen.”

Karl-Heinz: Wurde beim Training von Qi in Relation zu Kampfkunst gesprochen?

Eric Lee: Davon weiss ich nichts….

Karl-Heinz: Nach Sun Jianyun (1913-2003) und Sun Shurongs Tod gab es Berichte, dass es geheime Trainingsmethoden und Qi Gongs gegeben haben soll. Hast Du davon während Deiner Aufenthalte in China jemals etwas mitbekommen, oder wurde einfach nur geübt?

Eric Lee: Wenn es geheime Ausbildungsmethoden gab, wäre ich vermutlich nicht die richtige Person um diese Frage zu beantworten. Ich nahm niemals an dem “öffentlichen” Unterricht im Park teil, wo sie grössere Gruppen unterrichtete. Ich weiss, dass es nicht üblich war in Meisterin Sun Shurongs Haus zum Training eingeladen zu werden. Die Schüler, die in ihrem Haus trainierten wurden definitiv härter ran genommen und an höheren Standards gemessen. Wie auch immer, während meiner Zeit dort sah ich keine “geheimen” Trainingsmethoden.

Karl-Heinz: Ist in der Sun Cunzhou / Sun Shurong Linie das Erlernen des Xing Yi und des Bagua der Familie zwingend erforderlich. Man hört oft das die drei Stile zusammen trainiert werden müssen. Sun Jianyun soll einmal gesagt haben, das Sun Taijiquan wäre ein in sich vollständiges System und man benötige nichts anderes. Wie war Sun Shurongs Meinung dazu?

Eric Lee: Wenn jemand den Sun Familien Stil ernsthaft trainieren will, ist laut Meisterin Sun Shurong auch das Xing Xi Training nötig. Die normale Reihenfolge ist Xing Yi, dann Taijiquan, dann Bagua. Manchmal lernten Studenten Taijiquan zusammen mit dem Xing Yi, aber ihre Meinung war, das dass Xing Yi eine wichtige Grundlage für das Taijiquan darstellt. Ihrer Meinung nach ist es definitiv möglich ausschliesslich das Taijiquan zu lernen und zu meistern und viele Leute haben genau das gemacht, besonders wenn es hauptsächlich darum ging, Taijiquan zur Gesunderhaltung zu erlernen. Wie auch immer, viele der Anwendungen des Sun Taijiquan, der Grundlagen, der Struktur und so weiter kommen vom Xing Yi. Deshalb war es für sie so fundamental.

Der Bagua Einfluss (im Taijiquan) ist nicht so stark, deshalb wurde Bagua üblicherweise zuletzt unterrichtet. Zusätzlich ist Bagua noch anstrengender als Xing Yi und nicht viele können eine Menge dieser Bewegungen durchführen.

Karl-Heinz: Weisst Du wie viele Schüler Sun Shurong hatte?

Eric Lee: Ich weiss nicht wie viele Studenten die insgesamt hatte, aber sie hatte eine Menge. Sie lebte früher in Kaifeng, einer Stadt in der Henan Provinz, wo sie viele Schüler hatte. Nach dem Tod ihres Mannes zog sie zurück nach Peking, wo sie mehr Schüler hatte. Einmal im Jahr gab es eine Geburtstagsfeier, zu der viele Schüler aus Kaifeng nach Peking kamen. Auf diesen Feiern waren zwischen 30 – 50 Schüler vertreten.

Thomas schätzt, dass sie einige hundert Schüler in ihrem Leben hatte. In Henan unterrichtete sie öffentlich in grösserem Ramen. Thomas hat auch Bilder von ihr mit vielen ihrer Schülern gesehen.

Es ist wichtig zu bedenken, das Meisterin Sun eine sehr lange Zeit unterrichtet hat. Einige ihrer Senior Studenten in Keifeng zum Beispiel unterrichten selbst Sun Taijiquan und einige Studenten trainieren länger als wir drei zusammen!

Karl-Heinz: Während Deines letzten Besuches starb Meisterin Sun Shurong leider. Weisst Du ob Sun Shurong einen offiziellen Nachfolger ernannt hat? Hat sie einen letzten Wunsch zum Thema Sun Taijiquan geäussert?

Eric Lee: Soweit ich weiss benannte sie keine “Linienhalter”.

Unglücklicherweise war Sie schon sehr krank, als wir sie besuchten. Sie war im Krankenhaus und konnte nicht mehr zusammenhängend sprechen. Wie auch immer, wir glauben ihr Wunsch war immer derselbe, nämlich die Lehren der Sun Familie die sie von ihrem Vater und Grossvater empfing zu verbreiten.

Karl-Heinz: Der Sun Stil ist im Westen nicht besonders verbreitet. Wie ist die Situation in China? Wie siehst Du die Zukunft dieses Stiles?

Eric Lee: Ich glaube die Situation in China und im Westen ist die Gleiche. Der Sun Stil ist sehr rar. Der Yang und der Chen Stil ist definitiv weiter verbreitet.

Ich traue mir nicht zu, Vermutungen über die Zukunft des Stiles anzustellen. Alles was wir tun können ist es, zu erhalten und weiterzugeben, was wir gelernt haben.

Vielen Dank für das Gespräch